Die Schuhmacherinnen

Die Schuhmacherinnen
Die Wiederbelebung einer Handwerks-Tradition im alten Bahnhof von Kernhof.

Ein Ort ohne Schuhmacher? – das war früher nahezu undenkbar! Selbst in kleinen Dörfern gab es Meisterbetriebe, die Schuhe für den täglichen Bedarf, oft auch in Maßarbeit, herstellten. In St. Aegyd waren gleich mehrere Werkstätten mit einem bemerkenswert hohen Frauenanteil aktiv.

Rein zufällig lernte Doris Pfaffenlehner, eine in Wien und Venedig ausgebildete Schuhmacherin, St. Aegyd bei einer Wanderung kennen - und verliebte sich in den leer stehenden Bahnhof Kernhof. Rasch war die Entscheidung gefallen, den im Dornröschen-Schlaf versunkenen ehemaligen Bahnhof der Traisentalbahn wiederzubeleben und genau hier eine Maßschuh-Werkstätte einzurichten.

Was Außenstehende als verrückt erachten mochten, nahm Schritt für Schritt Gestalt an. Pfaffenlehner verlagerte ihren Lebensmittelpunkt in die Mostviertler Bergwelt und begann mit ihrem Mann den alten Bahnhof zu sanieren. Von vielen aufgelassenen Schuh-Werkstätten übernahm sie alte Gerätschaften und richtete die Werkstätte ihrer Träume ein. Eine Halbinsel gegen den Strom sollte hier entstehen. Wo praktisch die gesamte Schuherzeugung zur Massenproduktion in Billiglohnländern abgewandert ist, sollte hier die traditionelle Handwerkskunst wieder in das Dorf zurückkehren.

Und der Plan ist voll aufgegangen: auch von weit her kommen heute die Kunden, um sich in Kernhof Maßschuhe „ab Bahnhof“ anfertigen zu lassen. Schuhe aus St. Aegyd, das sind heute wieder Produkte jenseits des globalisierten Massenmarktes und für ein langes Leben. Die Filmchronisten besuchten diese faszinierende Handwerks-Oase und dokumentierten auch den Besuch einer ehemaligen St. Aegyder Schuhmacherin in der Pfaffenlehner’schen Maßschuhmacherei, wo es gelungen ist, Geschichte und Zukunft in kongenialer Form zu verbinden.

Film: Georg Watschka, Julo Formanek